Auf den Spuren des Mittelalters - Burgen rund um Salzgitter

Besichtigungen der Königspfalz Werla und der Harzburg

 

Am 23. Juni 2016 begaben sich 25 Mitglieder des Geschichtsvereins auf eine Tagesfahrt. Bei anhaltend strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um 30 0C ging es zunächst zur Werla, wo Dr. Michael Geschwinde vom NLD die Teilnehmer bereits erwartete. Er führte unsere Gruppe zwei Stunden über die gesamte Anlage, wobei er nicht nur die Geschichte der Burg erläuterte, sondern die neuen Erkenntnisse der Ausgrabungen und Forschungen seit 2007 vorstellte.

Dr. Michael Geschwinde mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagesfahrt auf dem Rundgang über die Werla

Thomas Moritz erläutert das Modell der Harzburg

Die älteste historische Nennung der Werla stammt aus dem Jahr 926 und ist in der Sachsengeschichte, I, 32, des Widukind von Corvey zu lesen. Diese Quelle bezeugt die Anwesenheit von König Heinrich I. auf der Werla. Es ist die Zeit der Ungarneinfälle, die auch unsere Region bedrohten (938 Überfall auf die Steterburg). In den folgenden hundert Jahren sollten sich alle ottonischen Herrscher auf der Werla aufhalten. Im 11. Jahrhundert wurde die bedeutende Pfalzanlage von der Kaiserpfalz Goslar abgelöst. Noch einmal spielte sich unter Friedrich I. Barbarossa hier Reichsgeschichte ab: der Prozess Friedrichs I. gegen Heinrich den Löwen fand hier mit der Verhängung der Reichsacht 1180 seinen Abschluss. Dann geriet die Anlage schnell in Vergessenheit und wurde erst im 19. Jahrhundert wieder entdeckt, und mehrere Ausgrabungen wurden durchgeführt. Dennoch war der gesamte Komplex durch landwirtschaftliche Aktivitäten in seiner nachhaltigen Erhaltung bedroht. Mit dem Konzept des "Archäologischen Parks Kaiserpfalz Werla" ist es in den vergangenen 10 Jahren gelungen, das für Niedersachsen und die Region einzigartige Bodendenkmal Werla zu schützen. Davon konnten sich die Teilnehmer des Geschichtsvereins nachhaltig überzeugen. Die 17 ha große Anlage wurde durchquert, Befestigungsabschnitte und Gebäudereste besichtigt und natürlich dass 2012 rekonstruierte Westtor bestiegen. Der Harz und sein Umland - und dazu gehörte auch die heutige Salzgitter-Region mit seinen Salz- und Erzvorkommen - zählten im 10.Jahrhundert zu den Kernlanden ottonischer Herrscher. Diese Region trug maßgeblich dazu bei, die wirtschaftlichen Ressourcen für die Werla als wichtiger Versammlungs- und Aufenthaltort der deutschen Könige bereit zu stellen.

Nach diesem beeindruckenden Rundgang ging es weiter zum Mittagessen in das Restaurant Aussichtsreich auf den 485m hohen Burgberg bei Bad Harzburg. Im Schatten sich erholend, hatte die Gruppe einen einzigartigen Blick auf das nördliche Harzvorland bis Salzgitter. Burgenarchäologe Thomas Moritz verlängerte die Ruhepause mit seinen kenntnisreichen und detaillierten Ausführungen zur Geschichte der Harzburg. Erbauer Heinrich IV., Salier, nutzte die strategisch günstig gelegene, uneinnehmbare Burg zur Sicherung Goslars - aber sie stand auch als deutliche bauliche Provokation gegen die Sachsen. Insbesondere der Einsatz fremder Burgbesatzungen erzürnte die Sachsen und verleitete sie zum Aufstand im Jahre 1073, dem Heinrich IV. nur knapp entkam. 1074 wurde die ungewöhnlich gut ausgestattete Burg nach halbjähriger Belagerung komplett zerstört. Unter Friedrich I. Barbarossa entstand die Burg auf dem Westplateau neu. Otto IV. setzte die Bauarbeiten fort. Er verstarb 1218 auf der Harzburg. Damit endete die reichsgeschichtliche Bedeutung der Burganlage. Auf dem Rundgang über den Burgberg erläuterte Moritz die heute sichtbaren Bauten und Befestigungsanlagen. Dabei stellte er auch seine Interpretationen hinsichtlich der dort angeblich praktizierten Crodo-Verehrung dar, die heute dank des Crodo-Denkmals auch in den Tourismus der unmittelbaren Region eingeflossen sind (Krodo-Land). Auch klärte er die Teilnehmer darüber auf, dass die archäologischen Ausgrabungen in den Jahren 1970-1975 nicht die gewünschten Forschungsergebnisse erbracht haben. Er selbst ist derzeit mit der Sichtung der Unterlagen beschäftigt. Nicht alle auf dem Burgberg aufgestellten Tafeln mit Erläuterungen und Plänen seien tatsächlich wissenschaftlich fundiert. Nach fast zwei Stunden mit ausführlichen Informationen verließen die Teilnehmer den Burgberg mit neuen Erkenntnissen per Seilbahn in Richtung Bad Harzburg und Bus. Im Café Winuwuk war nach dem anstrengenden Tag in der Hitze dringend Erholung nötig. Auch hier waren in bester Lage auf der Terrasse des Cafés die Plätze mit herrlichem Blick in's Tal reserviert. An dieser Stelle seien Dr. Michael Geschwinde und Thomas Moritz ganz herzlich für ihre Ausführungen gedankt.

Gruppenbild auf der Harzburg